En Bretagne mit der Leica M11

April 2023 - Bretagne, Finistère - “au bout du monde”… zumindest gefühlt an einem Ende der Welt.

Nicht dass mir diese Region gänzlich neu war, denn schon im Vorjahr hatte ich das Vergnügen, diese Gegend bei Dr. Gio und Dany kurz zu besuchen… zu kurz. Neu war aber die Kamera, welche ich diesmal dabei hatte. Meine Leica M11, eine digitale Messsucherkamera ohne Autofokus. Für mich ein Projekt der besonderen Art. Denn immer, wenn ich auf Reisen gehe, nehme ich für mich genügend Equipment mit. Nicht dieses Mal: Eine Kamera, zwei Objektive - das 35er Summicron 2.0 und ein 75er APO. So wenig Gewicht und Material hatte ich noch nie zuvor dabei. (OK, die GFX100x von Fujifilm hatte ich auch dabei, jedoch für meine Kinder).

Meine grösste Sorge bestand darin, dass ich an eine sehr aufregende, 1’300 km entfernte Destination fahre und das mit einer Kamera, die ich noch nicht vollends beherrsche. Die manuelle Fokussierung geschieht nämlich durch das Drehen des Fokus-Rings am Objektiv. Man schaut durch den Sucher und dreht an diesem Ring, bis die Schärfe da ist, wo man sie haben möchte. Eigentlich alles ganz einfach. Doch die Tatsache, dass man im Vergleich zu den sonst gängigen Kameras einfach überall und sofort durch leichtes Andrücken des Auslösers scharf stellen kann, macht die ganze Sache zusätzlich etwas komplizierter. Zusammengefasst kann man sagen, ein Bild mit dieser Kamera aufzunehmen, braucht hinsichtlich Bildkomposition und Schärfe mehr Aufmerksamkeit und beansprucht mehr Zeit als ich mir das bisher gewohnt war.

Sieht man nun einen Unterschied zu Nikon’s Flaggschiff der Z9 oder der GFX 100s, dem Mittelformat von Fujifilm? Ja, das finde ich. Bei den schwarzweiss Fotos sind die Abstufungen der Grautöne anders. Und bei den Fotos in Farbe, so scheint mir die Leica diese am echtesten wiederzugeben. Vermutlich ist das alles aber eine subjektive Wahrnehmung - ein Mix aus Freude an etwas Neuem und der Begeisterung, mit so einem doch eher unauffälligem Teil grossartige Fotos schiessen zu können.

Sturm über Meer

La Plage de la Baie des Trépassés

Kaum angekommen - müde von der sehr langen Fahrt - gönnten wir uns ein paar Kaffees und Kuchenstücke bei Monsieur Papier, einem kleinen Kaffee mit Papeterie in unmittelbarer Nähe der Pointe du Raz, bevor es an den ersten Strand ging - “La Plage de la Baie des Trépassés”. Es dauerte nicht lange, bis uns ein heftiger Regen erreichte.

Leica M11 | 75mm 2.0 | Blende 6.8 | Verschluss 1/1000 | ISO 500

Douarnenez, ein kleines Hafen-Städtchen. Das Wetter, düster, wie schon am Vortag. Doch nach einer kleinen Runde am Hafen und ein paar Kaffees (wir trinken viel Kaffee), drückte die Sonne durch. Der Blick in den Himmel liess auf schöneres Wetter hoffen.

Möwe am Himmel bei Douarnenez

Der Himmel über Douarnenez

Der Blick nach oben lässt auf schönes Wetter hoffen. In schwarzweiss bleibt das Bild gewissermassen dramatisch.

Leica M11 | 35mm 2.0 | Blende 4.8 | Verschluss 1/3000 | ISO 200

Nicht dass wir perfektes Badewetter gehabt hätten, aber wenn die Kinder ins Wasser wollen, dann sollen sie. Der nächstgelegene Strand, “Plage de Sainte-Anne” war gleich um die Ecke. Vom starken Wind und der Wassertemperatur bleibt man ziemlich unbeeindruckt. Ausgerüstet mit einem Neopren, ging es ungehindert rein ins ca. 12 Grad kalte Nass. Es ist kaum verwunderlich, dass die sonst so grossen Strände - nun menschenleer - eine noch grössere Dimension annehmen.

Zwei Kinder auf grossem Strand in der Bretagne

Leica M11 | 35mm 2.0 | Blende 4.8 | Verschluss 1/1000 | ISO 160

Eingangs hatte ich erwähnt, dass die Farben der M11 meiner Ansicht nach äusserst realitätsnah sind. Wenn es also schon mal einen Sonnenuntergang an diesen Küsten zu sehen gibt, dann lasse ich diesen auch in Farbe als Foto stehen.

Sonnenuntergang in der Bretagne Pointe de Penharn

Sonnenuntergang an der Pointe de Penharn

Bis es jedoch so weit war, bestaunten wir das Rauschen des Meeres ab den hohen Klippen und genossen den ersten schönen Tag bis es Nacht wurde.

Leica M11 | 75mm 2.0 | Blende 4.0 | Verschluss 1/500 | ISO 1000

Der nächste Tag führte uns nach Lesconil - zum Rocher de Goudoul. Es war bis dahin der wettertechnisch schönste Tag mit viel blauem Himmel und schönen weissen Wolken. Dadurch, dass die Sonne noch weit oben am Himmel stand, war das Licht relativ hart - dementsprechend sind die Bilder auch kontrastreich. Auch da habe ich einige in Farbe belassen, weil mir unter anderem die Struktur und Verfärbungen der Steine ausserordentlich gut gefielen.

Rocher de Goudoul, Felsen am Meer bei blauem Himmel

Rocher de Goudoul

Ab den Felsen in Richtung Meer. Wir kraxelten unten durch und kletterten hoch bis auf 20 Meter (zumindest ist der höchste dieser Felsen so hoch). Ungesichert, bloss mit unserer Erfahrung aus dem regelmässigen Klettertraining. Mit einer Portion Mut und der nötigen Vorsicht klappt das prima.

Leica M11 | 35mm 2.0 | Blende 9.5 | Verschluss 1/1000 | ISO 160

Am sonnigsten Tag bisher, blieb der Sprung in die Wellen nicht aus.

Making Of

Freie Sicht - Foto: Iphone 13

Mit den vorherigen Fotos konnte ich mich mal darum kümmern, auch sich schnellere Objekte zu fotografieren. Was mir aus der Sportfotografie mit der Nikon Z9 bestens bekannt ist, war mit der Leica nicht gleich einfach. Bei den Fotos der Felssprünge, hatte ich den Fokus auf den Stein voreingestellt. Da die Kinder seitlich von A nach B sprangen, ist die Ebene der Schärfe eigentlich unverändert und ich kann mir sicher sein, dass das Foto scharf ist.

Bei den Wellen jedoch, ist das etwas schwieriger, weil sich die Kinder zu mir hin bewegen. Ich hatte hier versucht, mit der sogenannten Hyperfokalen-Distanz zu arbeiten… das heisst, alles so einzustellen, dass ein bestimmter Schärfebereich zwischen X und Y Metern im Fokus ist. Letztendlich ist und bleibt es ein Versuchen und vor allem ein Nicht-Aufgeben.

Noch am selben Abend, zog es uns an die “Pointe du Van”. Die Sonne hatte sich schon verabschiedet und allmählich verdunkelte sich alles um uns herum. Anstatt schnelle Aufnahmen, fixierte ich die Kamera diesmal auf dem Stativ und adjustierte so lange, bis mir der Bildausschnitt gefiel. Da man zum Fotografieren Licht braucht, muss man bei wenig Licht die Verschlusszeit entsprechend verlängern (Langzeitbelichtung). Darum auch das Stativ. Je nachdem, was man genau machen will, führt eine längere Verschlusszeit dazu, dass ein Bild unscharf wird (verwackelt). Doch setzt man die Kamera auf das Stativ, bleibt zumindest all das scharf, was sich im Bild nicht bewegt. Gerade bei Aufnahmen von Wasser, kann dies einen schönen, malerischen Effekt haben. Mir gefallen hier besonders die unterschiedlichen Blautöne des Meeres.

Leica M11 | 75mm 2.0 | Blende 4.8 | Verschluss 1/4 Sekunde | ISO 64

Pointe du Van

Die Blende wurde hier etwas geschlossen, doch die restlichen Einstellungen blieben gleich. Auch da wieder ein Spiel mit dem Wasser.

Leica M11 | 75mm 2.0 | Blende 6.8 | Verschluss 1/4 Sekunde | ISO 64

Angetan von diesen Felsen und den darauf sich brechenden Wellen, wurden wir am nächsten Tag zur “Pointe de Pen Hir” geführt. Die Fahrt dauerte gut zwei Stunden, doch die Höhe der Klippen und der Anblick der dort so bekannten drei aus dem Wasser herausragenden Felsen, bleibt unvergesslich.

Leica M11 | 35mm 2.0 | Blende 6.8 | Verschluss 1/500 Sekunde | ISO 200

Making Of

Getting down and up again… Hier mit meiner Tochter im Free Solo

Fujifilm GFX100s | 45mm 2.8 | Blende 5.6 | Verschluss 1/1000 Sekunde | ISO 400 (Aufnahme von Maxim)

Und weil steile Klippen der Wahnsinn sind - ging es am Tag darauf an die “Pointe du Raz.” Statt drei Felsen, war dort ein Leuchtturm im Wasser - “Le Phare de la Vieille”. Wie so oft, gibt es für Touristen die regulären Aussichtsplattformen. Und dann gibt es die Trampelpfade… und dann gibt es noch uns, die sich mit umgehängter Kamera auf Klettertour begeben. Die Jacken und alles, was man nicht braucht, wird in den Rucksack gesteckt und an einen Felsen fixiert, dass es nicht runterfallen kann.

Da wir davon ausgehen müssen, dass uns bis an die vorderste Spitze dieser Felsvorsprünge niemand folgt, lassen wir auch Wertsachen dort. Und wir freuen uns alle vier auf die freie Sicht aus “näher geht’s nicht mehr” und geniessen auf den Felsen eine gute Stunde für uns alleine… hören dem Rauschen des Meeres zu, beobachten ein einzelnes Segelschiff mit weissem Segeltuch auf einem Turn beim Leuchtturm, sind angetan vom ganz kurzen Aufreissen der Wolken und schräg einfallenden Sonnenstrahlen… einfach cool da!

Die nachfolgenden zwei Bilder sind praktisch zeitgleich aufgenommen - ich hab zwei Mal abgedrückt und das wegen der Möwe. Doch beim Bearbeiten der Fotos, habe ich eines in Farbe und eines in Schwarzweiss belassen. Es ist also nicht so, dass die Fotos in schwarzweiss per se düsterer sind - es war ganz generell die Stimmung vor Ort so. Nebelverhangen, regnerisch und windig. Die Bildbearbeitung ist identisch! Bei der ersten Aufnahme hatte ich die Blende auf 8.0, dann auf 6.8 geöffnet um mehr Licht einzufangen.

Leica M11 | 35mm 2.0 | Blende 6.8 | Verschluss 1/1000 Sekunde | ISO 500

Der Weg an die “Pointe du Raz” führte vom uns bereits bekannten Kaffee Monsieur Papier an der Küste entlang bis an die Pointe selbst. Ein kleine Küstenwanderung von ca. 2.5 km, welche sich durchaus lohnt. Läuft man auf dem Trampelpfad und nicht auf dem regulären Weg, ist man sozusagen alleine - frei von anderen Touristen.

Leica M11 | 35mm 2.0 | Blende 5.6 | Verschluss 1/1000 Sekunde | ISO 250

Der letzte grosse Ausflug führte uns auf die “Ile de Sein”. Wegen der dunstigen Sicht sieht man die Insel - welche eigentlich hinter dem obigen Leuchtturm am Horizont zu sehen wäre - nicht. Start ist ab dem Hafen von Audierne. Mit der Fähre geht’s in etwas mehr als einer Stunde rüber - vorbei an der “Pointe du Raz”, welche wir auf der Hinfahrt trotz unmittelbarer Nähe nicht gesehen haben. Zudem war die See relativ rau und das Schwanken bedurfte einiges an Konzentration - zumindest für mich. Ist schwierig einen Horizont zu fixieren, wenn man den nicht sieht. Zum Glück hatte ich gerade noch einen TraWell-Reise-Kaugummi im Fotorucksack… Island lässt grüssen!

Ankunft auf der Ile de Sein

Bereits nach Ankunft kam dichter Nebel auf, welcher sich gegen Mittag allmählich wieder verzog.

Leica M11 | 35mm 2.0 | Blende 5.6 | Verschluss 1/1000 Sekunde | ISO 200

Making Of

Leuchttürme sind faszinierend. Ich hatte mich ziemlich nah ans Wasser begeben, weil ich aus dieser Position eine gewisse Linie von Wasser über die Felsen hin zum Leuchtturm gesehen hatte.

Foto: Iphone 13

Die Aufnahmen des Leuchtturms unten:

Leica M11 | 75mm 2.0 | Blende 11.0 | Verschluss 1/500 Sekunde | ISO 200

Und auf der rechten Seite des Leuchtturms sah alles ziemlich anders aus. Die Wellen formten sich schön und brachen rauschend vor sich hin.

Leica M11 | 75mm 2.0 | Blende 9.5 | Verschluss 1/500 Sekunde | ISO 200

Weine im Regal des Restaurants Tatoon auf der Ile de Sein

Restaurant Le Tatoon

“Wenn der Weg den Sie nehmen keine Hindernisse aufweist, kann es sein, dass er nirgendwohin führt".”

Leica M11 | 75mm 2.0 | Blende 4.8 | Verschluss 1/350 Sekunde | ISO 800

Leuchtturm Le Phare De La Vieille

Le Phare de la Vieille

Auf der Fahrt zurück von der “Ile de Sein” war das Meer deutlich ruhiger und die Sicht wesentlich besser.

Leica M11 | 75mm 2.0 | Blende 13.0 | Verschluss 1/500 Sekunde | ISO 200

Das war das letzte grosse Highlight dieser Reise in der Bretagne. Wieder konnten wir als Familie viel erleben - neue und alte Orte entdecken, viel fotografieren und ganz viel Zeit miteinander verbringen. Die Fotografie in dieser Form mit der gesamten Familie erleben und leben zu können, bedeutet mir viel. Dass ich mich konsequent daran gehalten habe, nur mit der Leica zu fotografieren und nicht auf das altbekannte System zu wechseln, war zwar manchmal anstrengend - doch ich persönlich bin begeistert von den Ergebnissen. Mir ist bewusst, dass dies natürlich eine subjektive Wahrnehmung ist. Für mich auf jeden Fall, erfahre ich durch die Leica M11 eine deutliche Entschleunigung in der Fotografie. Bei all den technologischen Fortschritten heutzutage, wo im Eiltempo neue Kameras auf den Markt kommen, mit noch mehr Megapixel, mit noch mehr Bildern pro Sekunde und noch mehr Techzeugs, so dass man eigentlich nur noch den Knopf drücken muss, ist mit einer Leica M11 ein “Reduce To The Max” ganz cool. Oder anders ausgedrückt: Mit einer Leica M muss man fotografieren können!

Und bevor wir uns für die Rückfahrt in die Schweiz ins Auto setzten, mussten wir uns noch von einem der schönen Strände verabschieden. Mit Wind im Haar und einiges Sand in den Schuhen, beendeten wir diesen Trip… dankbar und zufrieden!

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Kanada Teil I - Vancouver Island

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Nordlichter anstatt Feuerwerk