Island - der Norden
Von Pferden, Buckelwalen und wenn Fotos zu Gemälden werden
Island Vol. II… Die Reise begann diesmal mit insgesamt über fünf Stunden Verspätung. Anstatt wie geplant um 15.30 Uhr, schafften wir es erst nach 20 Uhr bis Reykjavik. Ein Zwischenstopp in Amsterdam und ein Streik des Bodenpersonals sorgten für einige Zusatzstunden. Doch da wir ausser Flug und Mietauto nichts im Voraus gebucht hatten, blieb der Stresslevel im Bereich des Ruhepuls. Man weiss zwar nie genau, wohin es einen verschlägt, dafür hat man Zeit - viel Zeit.
Der Mix an Übermüdung und Vorfreude auf diesen Roadtrip führte uns sodann an Reykjavik vorbei und hoch bis nach Borgarnes. Das erste Frühstück genossen wir noch im Hotel B59 und gönnten uns gleich mehrere Tassen schwarzen Filterkaffee - nicht weil dieser unbedingt so gut schmeckt, viel mehr, weil der einen ziemlich wach kickt… mit dem Nebeneffekt, dass man dementsprechend öfters auch mal halten muss, um dem Druck nachzugeben. Und auf dieser Reise ist mit “wir” mein Schwager Roman und ich gemeint. Men only. Keine Frauen, keine Kinder - so was ähnliches wie Thelma & Luise, einfach männlich… Los geht’s!
Unser erstes Ziel war, das Mittagessen am Meer einzunehmen. Also peilten wir das kleine Hafenstädtchen Hvammstangi an und fanden uns in einem kleinen Restaurant unmittelbar am Wasser wieder. Es gab Fisch (Kabeljau, Dorsch) und einige Beilagen ab Buffet, sowie hausgemachte Suppe und Brot. Grossartig - und das für nicht mal 20.-. Auf dem Weg dahin gab es schon einiges zu sehen und wir genossen immer wieder mal einen Stopp an einem Wasserfall oder Strandabschnitt mit schwarzem Sand und aus dem Meer emporragenden Felsen.
Die nachfolgend dargestellten Bilder sind nicht in chronologischer Reihenfolge. Vielmehr sind es vereinzelte Eindrücke aus der Fahrt von Reykjavik hoch an die Küsten des Nordens, als auch Impressionen von Schlenkern ins Landesinnere.
Nach dem Mittagessen beschlossen wir, die Fjords entlang der Küste zu fahren. Die Strassen sind dann oftmals nicht mehr asphaltiert, sondern aus Schotter und mit vielen Schlaglöchern versehen (man miete sich einen 4x4). Das Tempo wird gedrosselt, man fährt langsamer, achtsamer und kommt genau so an schöne, von Menschen verlassene Orte. Es ist tatsächlich so, dass an diesen Spots kaum grosse Highlights für Touristen markiert sind, dafür bekommt man Einblick in das öde, raue Land und Orte mitten in der Natur.
Was man am meisten antrifft sind Pferde - Isländer - eine vielseitige und sehr robuste Pferderasse. Man trifft sie häufig in Herden. Einige sind auch sehr zutraulich und andere wiederum sind mehr mit Spielen oder Fressen beschäftigt. Sie sind auf jeden Fall sehr schön - anders - wirken vom Winde verweht… die Hippies unter den Pferden vielleicht?
Die langen Fahrten entlang der Küsten jeder dieser Fjords brachten uns schliesslich an die am nördlichsten gelegene Stadt Siglufjörður im Norden Islands. Auch da suchten wir uns ein kleines Local-Resti aus und genossen, einmal mehr, Fisch, Suppe und Diverses ab dem Buffet. Und wenn man schon bei Locals isst, kommt man zwangsläufig mit ihnen ins Gespräch und erfährt so einiges an Tipps, bspw. wo sich eine Whale Watching Tour besonders lohnt und warum. Uns wurde hier gesagt, dass Dalvik ein sehr guter Spot sei - und zudem noch einiges günstiger als in den etwas grösseren Städten.
In Dalvik angekommen, hielten wir gleich bei dem wohl einzigen Whale Watching Office und kamen mit dem Captain ins Gespräch. Wir buchten für die erste Tour am Morgen danach. Doch zuerst ging’s weiter nach Akureyri - der zweitgrössten Stadt nach Reykjavik auf dieser Insel. Eine Kleinstadt mit ca. 20’000 Einwohnern, ein paar Hotels, Hafen und hübsche Restaurants im kleinen Stadtzentrum.
Die Tour war auf zwei Stunden angesetzt und man hätte schon in den Vortagen vereinzelt Wale gesehen. Nach der ersten Stunde den Fjord in vollem Tempo runter Richtung Akureyri, gab es ausser vereinzelter Schweinswale und Vögel immer noch wenig zu sehen. Aber eben, der Rückweg stand ja noch bevor und ich war davon überzeugt, dass wir noch einige Begegnungen haben werden. Und so war es. Wenig später war der erste Blas in Sichtweite. Der erste Wal vor uns… doch es waren insgesamt drei. Wie immer ein Spektakel, dass selbst auf Fotos nicht das wiedergeben kann, was man mit eigenen Augen sieht - mit eigenen Ohren hört. Es ist unheimlich und beeindruckend zugleich, wenn ein Wal in unmittelbarer Nähe an der Wasseroberfläche auftaucht, um Luft zu holen, den mit Buckeln versehenen Kopf wieder unter Wasser senkt, sich zuerst die Rückenflosse nach oben bewegt, bis dann zum Abschluss die Schwanzflosse (Fluke) aus dem Wasser ragt und langsam in das dunkle Unbekannte verschwindet. Es dauert in der Regel nur ein paar Minuten, bis sie wieder auftauchen. Und diese Stelle zu erahnen ist wohl Glücksache. Die Motoren sind aus, die Leute auf dem Boot still - tief beeindruckt und geduldig wartend auf das nächste Hallo.
Ab Akureyri gings per kleinen Schlenkern ins Landesinnere und hoch nach Húsavik - eine weitere kleine Hafenstadt mit etwas mehr als 2’000 Einwohnern.
Húsavik ist vorwiegend bekannt für Whale Watching und Ausflügen zur “Puffin-Island”. Nochmals mit dem Speedboat raus, wollten wir nicht. Also entschieden wir uns für die dreistündige Tour mit einem alten Schiffskutter. Was auf See langsam fährt, birgt Risiken in Sachen Seekrankheit. Es ist immer wieder das gleiche Phänomen. Das Schiff legt ab, alle Leute gehen an die ungünstigsten Orte, vorne, machen Selfies, lachen ab den Wellen, haben Freude…. und diese Freude endet in der Regel schon nach knappen zehn Minuten. Meistens dann, wenn sie das Frühstück über die Reling verabschieden müssen. Und so wird eine dreistündige Tour, zumindest für ein paar betroffenen Würger, wohl eher zum Albtraum. Ich verstehe einfach bis heute nicht, warum die Leute nach dem Kotzen heisse Schokolade oder einen gefühlten Liter Wasser nachleeren?
Aber zurück zur Tour. Die Puffin Island war leider zu weit weg, als dass man ab dem Kutter wirklich Puffins aus nächste Nähe hätte sehen können. Andere würden behaupten, mein Objektiv wäre offensichtlich zu kurz (Nikon 70-200 2.8). Aber bekanntlich ist immer die Kamera und das Objektiv, welches man gerade auf sich trägt, das beste. Also nutze man das, was man hat. Auch da war es so, dass sich Wale - diesmal war es ein Zwergwal - erst am Schluss der Tour zeigen. Das Schöne aber, er schwamm parallel zum Kutter. Ich würde mal behaupten, dass von den gut 40 Passagieren an Board nur gerade fünf oder sechs Personen mit grösseren Kameras ausgerüstet waren. Es waren auch die - wie wir - die sich grundsätzlich in der Mitte des Schiffes aufhielten… während die Selfiesticktouristen allesamt und gleichzeitig auf eine Seite des Kutters begaben. Schieflage eben, mal links, mal rechts… und die eine arme Sau - schon ganz bleich und mageninhaltlich leer wie ein Pool während er Wintersaison - konnte nur noch geräuschvoll vor sich hin würgen.
Es war nicht etwa aus Langeweile, doch mit der steigenden Sonne stellte ich eine interessante Veränderung der Wasseroberfläche fest. Von anfänglich dunkel, änderte sich die Farbe in ein ganz fades Hellblau. Wo im einen Augenblick das Wasser noch unruhig war, war es plötzlich glatt und geschmeidig. Als ich nach dem Abdrücken die Fotos auf der Kamera anschaute, dachte ich zuerst, es sei ein technischer Fehler aufgetreten. Doch anstatt mich auf einen möglichen Fehler zu konzentrieren, fotografierte ich weiter - Wasser, Wellen, mal mit Fischerboot und Möwe im Hintergrund - und ich dachte mir, mal schauen wie es dann auf dem Mac aussieht… bloss nicht irritieren lassen. Ich finds mega! Ob sich das als Print eignet?
Auch wenn wir nicht erneut Buckelwale angetroffen haben, so hat auch dieser Trip was Neues mit sich gebracht. Fakt ist: Wer bei Reisen oder Vorhaben fixe Vorstellung hat, wird mit grösster Wahrscheinlichkeit enttäuscht werden. Für mich war auch diese Tour eine sehr schöne Erfahrung und hat gerade fotografisch haben sich einige schöne Überraschungen ergeben.
Noch am gleichen Nachmittag fuhren wir - diesmal auf der asphaltierten Ringstrasse - wieder in Richtung Süden.
Die Fotos dieser Wellen sind in Lóndrangar entstanden, an der Küste südlich des Vulkans Snæfellsjökull. Und ja, ich mag Wasser, das Meer. Mir gefallen die Formen und die unterschiedlichen Farbmuster. Vielleicht werde ich eines Tages Wellen auch im Wasser fotografieren - wer weiss schon, was die Zukunft bringt.
Der Berg Kirkjufell - an der nordwestlichen Seite von Island gelegen - konnte ich auf der Oktoberreise nur komplett bewölkt fotografieren. Dies war heute anders.
Und wo der Kirkjufell ist, so sind auch die Wasserfälle Kirkjufellsfoss und Grundarfoss nicht weit.
Dies war unser letzter Abend, bevor es am nächsten Morgen wieder zurück nach Reykjavik ging. Doch nach einem Besuch im Joe & The Juice und einer kleinen Shopping-Tour in den “66 North” Store in Reykjavik, wollte ich diese Reise nicht so enden lassen. Wir fuhren also kurzentschlossen in den Süden zum Vulkan Fagradalsfjall. Seit letztem Oktober soll er ja wieder Lava gespuckt haben. Wir trafen erst nach 19 Uhr auf einem komplett verlassenen Parkplatz ein. Der Wind war so richtig heftig. Doch wir wollten beide einen krönenden Abschluss dieser Reise - mit einem letzten Abenteuer - und nicht nur nach einer letzten Tasse Filterkaffe am Hafen direkt ins Flughafenhotel. Wie schon erwähnt, Zeit ist relativ! Und um diese Jahreszeit ist es ja auch bis spät in die Nacht noch hell - also: no Stress!
Hat es sich gelohnt, nach nur sechs Monaten schon wieder nach Island zu gehen? Ja! Ich war teilweise an den gleichen Orten, doch schauten sie anders aus als beim ersten Mal. Die Frage ist wohl eher, wie man es diesmal gesehen hat. Was ich auf jeden Fall wieder gesehen habe, ist das Zitat von Rick Riordan, welches in einem kleinen Kaffee in Stykkishólmur an der Wand hängt. In diesem kleinen Guesthouse gibt es übrigens eine der besten Suppen, die es in Island zu schlürfen gibt.
Danke an alle Leserinnen und Leser, die meine Reisen hier oder auch persönlich und privat verfolgen. Ich freue mich über jeden Kommentar oder auch darüber, wenn ich dir zusätzliche Tipps für deine nächste Islandreise geben kann.
Herzlich - Frédéric